Am nächsten Tag präsentierten Leila und ich dem erstaunten Alex unsere Beute. Er interessierte sich mehr für den Aktenordner als für das Messgerät, überflog darin die Daten und schüttelte den Kopf. „Die sind auf dem Holzweg“, sagte er. „So wird das nie funktionieren. Die Interferenzen sind viel zu stark.“
Was auch immer das heißen mochte, wir mussten wissen, ob er gestern meinen Vater angerufen hatte.
„Na ja“, sagte er. „Es muss doch irgendwie weitergehen.“
Ich war sauer. „Du gefährdest die ganze Aktion!“
„Quatsch, ich habe von einer Telefonzelle aus angerufen und ein Taschentuch an den Hörer gehalten.“
Ich fasste mir demonstrativ an den Kopf. „So wurde das vor fünfzig Jahren gemacht. Jeder Privatdetektiv kann heutzutage eine Stimmanalyse mit dem PC durchführen.“
„Sollen wir dir helfen oder nicht?“, fragte Leila.
„Ja, schon.“
„Dann halte dich an unsere Anweisungen“, ermahnte sie ihn. Reuig gestand er zu, keine Alleingänge mehr unternehmen zu wollen.
„In Ordnung“, sagte ich. „Jetzt planen wir die Übergabe. Du darfst natürlich nicht in Erscheinung treten. Sind deine Mitarbeiter schon mal mit der Polizei in Kontakt gekommen?“ Sein Gesichtsausdruck reichte mir als Antwort. Das könnte schwierig werden.
„Und wenn wir das wieder übernehmen?“, fragte Leila.
„Wie willst du ihnen das erklären? Wir müssten ihnen alles sagen“, antwortete ich.
„Ich habe da eine Idee“, meinte sie.
„Moment mal“, meldete sich Alex zu Wort. „Max und Bernd sind mit allen Wassern gewaschen. Für euch ist das doch viel zu gefährlich.“
Und was ist das hier?“, antwortete Leila und zeigte auf die Beute aus unseren Einbrüchen. „Das hast du uns zu verdanken. Also?“
Schließlich konnten wir Alex überzeugen, allerdings hatte ich schon etwas Mitgefühl mit dem großen Bruder, da er sich vom kleinen Bruder helfen lassen musste. Dazu kam, dass Leila darauf bestand, zunächst mit mir alleine zu reden. Aber das schien Alex ganz recht zu sein, denn er wollte sich unbedingt den neuen Daten im Aktenordner widmen.
Als Leila und ich alleine waren, bat sie zunächst um etwas Geduld. Sie piekste sich wieder in den Finger um ihren Blutzuckerwert zu ermitteln. „Diesmal ist er etwas zu hoch und ich muss korrigieren.“ Sie zog ein Art Stift aus ihrer Tasche, nahm die Hülse ab und drehte ein kleines Rädchen am hinteren Ende, dabei klickte es vernehmlich. Dann zog sie ihr T-Shirt aus der Jeans und stach sich mit dem Stift, an dessen Kopf eine Nadel angebracht war, in den Bauch. „Insulin“, sagte sie „Ich muss sechzig mg/l wegdrücken. Kommt schon mal durch die Aufregung.“
„Und woher weißt du, wie viel Insulin du dafür spritzen musst?“
„Das ist bei jedem Diabetiker anders. Bei mir reicht eine Einheit Insulin für 30 mg Blutzucker.“
„Aber du kannst nichts Süßes essen?“
„Doch mit dieser Therapie schon, ich muss nur entsprechend viel Insulin spritzen. Aber da man oft nicht weiß, wie viel BE darin sind, verzichte ich in der Regel auf Süßigkeiten. So das reicht!“ Sie beendete ihre Ausführungen über Diabetes und kam zur Sache.
„Du hast doch bestimmt schon was von Dagobert, dem Erpresser gehört.“
„Du meinst, wir benutzen so ein ferngesteuertes Schienenfahrzeug oder stellen eine Kiste über einem Kanaldeckel auf?“
„So etwas in dieser Richtung.“
„Nicht schlecht, aber ich glaube kaum, dass Max und Bernd sich wieder ausschalten lassen.“
„Wir müssen einfach schneller sein. Wir müssen Alex überzeugen, noch zu warten und schlagen unsererseits schon morgen zu. Dein Vater müsste das Geld doch schon da haben – oder?“
„Ich weiß nicht. Und was hast du für die Übergabe vor?“
„Mein Bruder ist Modellbaufreak.“
„Ah, der Sky 37X!“
„Genau, der Hubschrauber kann durchaus einen Koffer oder Tasche tragen. Wie schwer sind den eigentlich 2 Millionen Euro?“
„Wir können schlecht die Bundesbank anrufen. Vielleicht wiegen wir einfach 10 Hunderter und nehmen das Gewicht mit 200 000 mal.“
Ich fand, das war eine Superidee. Nun galt es noch Alex davon zu überzeugen, dass er noch warten musste. Ich übernahm diese Aufgabe. Ich redete auf ihn ohne Ende ein, bis er am Ende kleinlaut zugab, dass er schon für morgen die Übergabe vereinbart hatte. Zunächst war ich schockiert, überspielte es aber, weil mir einfiel, dass wir die Übergabe auch umleiten konnten. Dies teilte ich Leila mit und sie meinte auch, dass das kein Problem wäre. Schließlich würden dann Alex und seine Mitstreiter beschäftigt sein, während wir das Lösegeld erhielten.