Mein Bruder Geld

„Dazu müssen wir erstmal wissen, um welche Anlagen es sich handelt.“
„Genau und gerade jetzt sind Sven und Salina unterwegs, um das auszukundschaften. Sie behaupten, für Kinder in Not zu sammeln. Damit sie auch in die Gebäude reinkommen, muss Salina plötzlich auf die Toilette. Sobald sie die Anlagen gecheckt haben, werden sie dich informieren.“
Ich staunte, an was Leila alles gedacht hatte. „Aber die Einbrüche können nur nachts stattfinden“, warf ich ein. „Was werden die Eltern sagen, wenn …“
„Oliver, halt mich nicht für dumm. Alle haben eine Einladung für einen Theaterworkshop am Wochenende mit Übernachtung in der Jugendherberge erhalten.“
Was sollte ich noch sagen? Letztendlich gab es nur noch ein Problem. Da Leila, aus verständlichen Gründen darauf bestand, dass beide Einbrüche gleichzeitig stattfinden sollten, musste ich bei einem mit dabei sein, denn Bruno konnte sich nur um eine Anlage kümmern. Einerseits war es mir ganz recht, hier mal raus zu kommen, andererseits durfte ich natürlich nicht gesehen werden.
„Keine Angst, kein Einbrecher will gesehen werden“, sagte sie, als hätte sie meine Gedanken erraten.

Ich ging die ganze Sache im Kopf durch, irgendwas behagte mir nicht, aber was. Dann fiel es mir ein – Bruno! Er war zwar brillant, hatte aber in solchen Situationen Schiss ohne Ende. Das erwähnte ich freilich nicht, denn sie hätte es vielleicht als das Rückzugsmanöver eines Schwächlings ausgelegt. Das wollte ich weder ihr noch mir antun, vielleicht konnte Bruno diesmal über seinen Schatten springen.
„Du machst dir Gedanken über Bruno?“
Ich zuckte die Schultern.
„Salina kümmert sich um ihn. Er ist auch nur ein Junge.“
‚Wie ich’, dachte ich.
Dann konnte ja nichts mehr schief gehen und schon kam die erste Mail mit der Bezeichnung der Alarmanlage von Heisbergs Haus. Es war eigentlich eine Standardanlage. Aber Standard hin und her, man brauchte einen Code, um sie zu knacken. Das Gleiche galt für die Anlage des Firmengebäudes.
„Ach Leila, selbst wenn wir die Codes finden, müssen wir in die Gebäude reinkommen. Hast du darüber schon mal nachgedacht? Kennst du vielleicht die türkischen Putzfrauen?“
„Die Putzfrauen sind diesmal deutsch, immer diese Vorurteile und das ist eher ein Vorteil.“
„Was heißt das?“
„Nur selten rauchen türkische Reinigungsassistentinnen. Aber viele deutsche tun das.“
„Und?“
„Sie machen ihr Päuschen draußen, gehen dazu raus und lassen die Schlüssel stecken. Man muss sie nur ein wenig ablenken und schon hat man einen Abdruck.“
„Du hast ja wirklich an alles gedacht.“
„Dennoch gibt es ein Problem!“
„Aha?“
„Alex! bevor du fragst – er hatte dieselbe Idee wie ich, Bernd und Max sollen bei Heisberg eindringen.“
„Aber warum müssen wir dann überhaupt …?“
„Denk an die Geschichte mit dem Bankraub.“
Sie hatte Recht, Alex’ kriminelle Unterfangen endeten regelmäßig mit einem Desaster.
„Darauf können wir uns doch nicht verlassen.“
„Auf keinen Fall“, sagte ich, obwohl ich froh gewesen wäre, wenn wir es hätten tun können. Leila verabschiedete sich und betonte noch, dass sie auf mich bauen würde. Kein Problem! Als sie weg war, gingen mir wirklich die Muffen. Dann kam Alex und ich wurde ein wenig abgelenkt, weil ich ihn beraten musste, wie er mit der Lösegeldforderung am besten umging.
Ich hatte noch gerade rechtzeitig die Websites zum Thema Alarmanlagen unterdrückt und auf die Site ‚Hilfe in Entführungsfällen’ geklickt. „Also, zunächst musst du eine Probeübergabe organisieren.“
„Wie bitte?“
„Na ja, du musst checken, ob er zuverlässig ist, die Bullen nicht informiert usw.“
„Das heißt, ich gucke nur zu?“
„Nur zunächst.“
„Und wenn doch das Geld in der Tasche ist?“
„Ist es nicht!“
„Woher willst du das wissen?“
„Weil ich meinen Vater kenne, der versucht es mit allen Tricks.“
„Und wie können wir ihn überzeugen?“
„Indem du die Forderung verstärkst und drohst, dass mir etwas zustoßen wird.“
„Soll ich ihm vielleicht einen abgeschnittenen Finger präsentieren?“
„Warum nicht? Hier, den kleinen von der linken Hand kann ich am ehesten verschmerzen.“
„Spinnst du?“
„Du hast recht, der linke kleine Zeh würde es auch tun.“
„Nein!“

Pages: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12