Die Ärztin

Dorothea schreibt von Sassnitz, es werde ihr kaum etwas anderes übrig bleiben als Erxleben zu heiraten. Gemocht habe sie ihn schon als junges Mädchen und da sie sich ohnehin um seinen Haushalt kümmere, stabilisiere die Heirat lediglich das, was ohnehin geschieht. Ein weiteres Treffen mit von Sassnitz schließt sie unter den Umständen aus.

Dennoch unterstützt sie auch weiterhin ihren Vater bei seiner ärztlichen Tätigkeit und führt die Praxis auch oft alleine, da auch er öfter krank ist.

Wie nervenstark und motiviert Dorothea ist, wird deutlich, da sie trotz aller Verpflichtungen noch die Zeit findet, eine Abhandlung mit dem Titel „Gründliche Untersuchungen der Ursachen, die das weibliche Geschlecht vom Studieren abhalten“ zu verfassen. Darin geht es nicht um ihre konkreten Verpflichtungen, sondern um eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit der Frage, ob Frauen zum Studium oder für Verwaltungsaufgaben geeignet sind. Ihr Vater findet ihre Argumentation so beeindruckend, dass er sich auf eigene Kosten zu einer Veröffentlichung entschließt. Da es um diese Zeit sehr ungewöhnlich ist, dass eine Frau ihre Ansichten veröffentlicht, stattet Dr. Leporin das Buch mit einem von ihm selbst verfassten vorbereitenden Vorwort aus.

Eines Tages wird Dorothea zu einer Patientin mit Fleckfieber gebeten. Da sie nicht in der Lage ist, die Patientin persönlich aufzusuchen, lässt sie ihr ein Medikament zukommen. Als die Patientin kurz darauf stirbt, nutzen die konkurrierenden Ärzte die Gunst der Stunde und zeigen Dorothea wegen angeblichen Missbrauchs des Doktortitels und medizinischer Behandlung ohne Approbation an. Dabei bleibt außer Acht, dass Fleckfieber als nahezu unheilbar gilt. Ein ihr wohlgesonnener Stiftshauptmann (Verwalter der Abtei) sieht die einzige Möglichkeit darin, dass Dorothea doch noch promoviert, um ihr Handeln im Nachhinein zu legitimieren.

Halle, 6. Mai 1754

14 Jahre nachdem sie die königliche Erlaubnis zum Studieren erhielt, steht sie in Halle vor den Professoren.

Wir erleben eine perfekte Promotionsprüfung, die Dorothea von Erxleben summa cum laude besteht – insbesondere sind die Professoren von ihrem fließenden Latein begeistert. Dennoch muss sie noch einige Tage um ihren Titel bangen, da das außerordentliche Ereignis sicherheitshalber noch einmal vom König bestätigt werden soll.

ZEITEBENE wie zu Beginn der Erzählung:

Quedlinburg, 1757

Drei Jahre sind seit der Promotion vergangen und Dorothea erzählt von Sassnitz bei einem Glas Wein in einer Schenke in Quedlinburg, dass sie nach der Promotion noch zwei Wochen auf die Bestätigung durch den König warten musste. Sie fragt von Sassnitz, ob er den König noch manchmal sieht und was aus dem Krieg wird.
„Ja, ja, der König. Über den werden sich die Leute einmal viel erzählen“, antwortet von Sassnitz. „Nun fang schon mit dem Erzählen an.“

Epilog

Die preußische Armee unter Friedrich II. gewinnt die Schlacht gegen die Franzosen und die Reichsarmee. Es folgen jedoch noch viele weitere Schlachten mit unterschiedlichem Ausgang. Der siebenjährige Krieg endet erst im Jahre 1762 mit preußischen Siegen und Friedrich erhält von da an den Beinamen „der Große“.

Dorothea Christiane Erxleben stirbt im letzten Kriegsjahr an einer ungeklärten Erkrankung. Auf ihrer Beerdigung huldigen nicht nur die Quedlinburger dankbar die Verdienste ihrer „Frau Doktor“. Nach ihrem Tod wird sie auch in der überregionalen Presse gewürdigt.

Erst vom Wintersemester 1908/09 an wurden in Preußen offiziell auch Medizinstudentinnen an den Landesuniversitäten zugelassen. Aber erst während des 1. Weltkrieges war den Frauen in Deutschland auch die Approbation möglich.

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