Aber nicht gleich aufessen!

„Das ist am Anfang nicht so einfach und Debra hat auch noch keins geschrieben. Das würden wir nie durchbekommen. Überlegen Sie es sich.“
Bevor Zwill fragen konnte, warum sie ihn dann überhaupt dabei haben wollten, verabschiedete sich Leon wegen eines dringenden Termins.
‚Katzenhund‘ als Film? Zwill kam es wie Verrat vor. Auf was hatte er sich da eingelassen? Natürlich konnte man jede Vorlage irgendwie verfilmen. Aber was blieb von der eigentlichen literarischen Besonderheit übrig? Er kannte genug Beispiele für misslungene Verfilmungen.

Zuhause dann Debras Nachricht auf dem AB. „Was höre ich da, du willst ‚Katzenhund’ verfilmen lassen? Das finde ich, ehrlich gesagt, ziemlich bescheuert. Ich rufe jetzt nicht die Handynummer an, weil du wahrscheinlich gerade mit Leon verhandelst. Warum hast du ihn überhaupt angesprochen? Das verstehe ich einfach nicht. Ich melde mich später noch einmal.“

Sie hatte ohne Gruß aufgelegt. Welches Problem hatte sie mit der Verfilmung und welches mit Leon? Er rief sie an, aber es meldete sich niemand. Er hinterließ keine Nachricht. Am liebsten hätte er sich jetzt einfach heftig geschüttelt und den Namen Debra vergessen. Diese Frau machte alles so kompliziert. Er griff zum Telefonhörer und wählte Vanessas Nummer, legte aber sogleich wieder auf. Mit Vanessa zu reden, hätte ihn nicht weitergebracht. Debra hatte Recht: ‚Katzenhund‘ war unverfilmbar. Der Roman bezog sich auf die sg. Double-Mind- Konstruktion: Nichts war so gemeint wie es gesagt wurde. Im Buch konnte man herrlich das Gesagte mit Körperausdruck und parallelen Gedanken unterlegen, es gab entsprechend viele Monologe. Im Film würde das ähnlich lächerlich wirken wie sprechende Körperteile. Das hatte doch mit dem Buch nichts mehr zu tun.

Zwill las noch einmal das bisher Geschriebene, ohne jede Hoffnung, dass er es würde fortsetzen können. Er gelangte an die Stelle, an der er die Figur Jeanne aus Debras Vorbild vertiefen wollte und blickte auf das Telefon.

Das Telefon klingelte.
„Ich habe dir noch gar nicht zu deinem Erfolg gratuliert. Das ist phantastisch! Weißt du noch wie wir, … ich meine, wie du angefangen hast?“
„Jeanne, du Gaunerin. Wo warst du?“
„Ich habe weitergelebt.“
„Aber ich dachte, wir wollten das zusammen erleben?“
„Den Erfolg möchte ich schon mit dir teilen, er ist ja schließlich auch mein Verdienst.“
„Du bist gegangen!“
„Ja eben! Hättest du jemals so einen schönen Roman geschrieben, wenn ich dageblieben wäre?“
„Das weiß ich nicht. Du meinst, nur, weil du …“
„Genau, ich wusste, dass du ohne mich besser sein würdest.“
„Jetzt sag nicht, du hast das für mich getan.“
„Das wäre auch wieder falsch. Was hätte ich von jemandem gehabt, der unentwegt schreibt und trinkt, um seine Schreibhemmungen zu überwinden. Ich hätte mich fürchterlich gelangweilt.“
„Und jetzt?“
„Und jetzt genießen wir den Erfolg, wir könnten z.B. …

Das Telefon klingelte. Zwill ignorierte es zunächst, bis er den AB hörte.
„Debra, schön, dass du noch einmal anrufst, ich habe es auch versucht.“
„Was soll das mit Leon?“
„Wie meinst du das?“
„Du stellst ihm die Bedingung, dass ich bei der Verfilmung dabei sein soll.“
„Ich wollte dir einen Gefallen tun.“
„Mir?“
„Ja, ich dachte, es wäre schön, wenn wir zusammen arbeiten könnten.“
„Du wolltest also dir einen Gefallen tun?“
„So kann man es auch sehen.“
„Außer, dass ich es schwachsinnig finde, ‚Katzenhund‘ zu verfilmen, kann ich mit Leon nicht arbeiten. Ich hasse ihn.“
„Debra, das tut mir leid, ich wusste es nicht.“
„Was ist mit Nicole?“
„Was hat sie damit zu tun?“
„Sie wollte dich überreden, mit uns zusammenzuarbeiten, aber du musstest ja unbedingt mit Leon reden.“
„Wer ist mit ‚uns‘ gemeint?“
„Proud Placement – die Konkurrenz zu Leons Produktion.“
„Jetzt verstehe ich gar nichts mehr. Ich denke ‚Katzenhund‘ ist unverfilmbar.“
„Wir wollen nicht den Roman verfilmen, sondern nur eine Figur übernehmen, die für einen unserer Stoffe genau passen würde. Wir sollten uns treffen und in Ruhe darüber reden.“
„Im Moment ist es sehr ungünstig, ich muss einen Termin einhalten. Ich melde mich. Ciao.“
Zwill war es, als sei der Telefonhörer zu heiß geworden und schmiss ihn förmlich auf die Gabel.

Hatte Debra ihn angesprochen, weil sie für einen Stoff einen Teil seines Buches nutzen wollte und deswegen Nicole auf ihn angesetzt? War alles, was sie ausmachte, reines Kalkül? Das war nicht die Frau, die er als Vorlage gebrauchen konnte.

Pages: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12