Ihre Miene hellte sich auf und da wurde es Merten bewusst, dass er früher immer ärgerlich reagiert hatte, wenn sie, ohne sich zu verabschieden, gegangen war und er ein leeres Bett vorgefunden hatte. Aber jetzt fühlte er sich aufgrund dessen, was in der Nacht geschehen war, einfach rundum wohl.
Sie ging zum Bett und gab ihm einen Kuss. „Vielleicht wird es noch etwas dauern, bis ich zum Frühstück bleibe.“
„Lass dir Zeit.“
Sie ging und er schlief wieder ein.
Zwill war immer noch nicht zufrieden. Dass seine Figuren viel zu schnell im Bett landeten, führte er auf Debras erotische Storys zurück. Die sollten ja schließlich nur dazu dienen, sein potentielles Besitzmonopol zu relativieren. Und er reagierte darauf, indem er in seiner Phantasie genau das tat, was Debra eigentlich verhindern wollte. Er nutzte die gottgleiche Macht eines Autors, um sie sich zu Willen zu machen. Die leichte Variante im Verhalten Mertens gegenüber Jeanne, den er weniger Besitz ergreifend darstellte, rechtfertigte das alles nicht. Natürlich sollten Merten und Jeanne irgendwann zusammenkommen, aber der Preis, den sie bis jetzt dafür zahlten, war noch zu gering, um es spannend zu halten. Er setzte noch einmal an.
„Du erinnerst dich also, wie sehr ich diese leichten Berührungen mochte? Das ist etwas, was die wenigsten Männer gut können. Du bildest da eine Ausnahme.“
Jeanne strahlte, als habe die Erinnerung daran, ihren Ärger über seine Unentschlossenheit überlagert. „Dennoch, du musst dich entscheiden, ob du diesmal wirklich investieren und nicht nur genießen willst.“
Zwill wurde klar, dass es jetzt darum ging, wie sich der Autor Merten verhalten würde und weniger darum, was Jeanne machen würde. Damit war es wichtiger, welches Vorbild Zwill für Merten abgeben würde und weniger wie Debra Jeannes Figur beeinflussen würde.
Merten begab sich seit langer Zeit zum ersten Mal wieder alleine in ein Lokal, das er seit seinen Erfolgen nicht mehr betreten hatte. Hier wurde er nicht wie anderswo gefeiert, sondern wie jeder anderer behandelt. Kaum war er eingetreten, gesellte sich Max, ein ehemaliger Kommilitone zu ihm.
„Altes Haus! Lange nicht gesehen. Was treibst du so?“
„Hallo Max, ich habe in letzter Zeit viel geschrieben. Aber jetzt habe ich wieder richtig Lust, die alten Freunde zu sehen. Was macht die Clique?“
„Ach, du weißt wie das ist – mal hat der keine Zeit, mal der.“
„Schade eigentlich. Vielleicht sollten wir mal wieder versuchen, etwas zu organisieren. Und was machst du so?“
„Willst du das wirklich wissen?“
„Wieso nicht? Klar! Komm erzähl, wie es dir ergangen ist!“
„Mensch, Merten, bist du wirklich wieder da?“
„Das will ich doch hoffen!“
Max hatte einiges zu erzählen, es war nichts Besonderes, aber Merten war froh, dass es so war, denn er hatte nicht vor, daraus ein Buch zu machen.
Zwill war bewusst, dass er mit diesen Zeilen das Ende seines Romans verfasst hatte, aber es gab noch viel darüber zu schreiben, was vorher passierte. Er rief Debra an und fragte sie, ob sie Lust hätte, tanzen zu gehen.